Biographie

Die spanischsprachige Theatergruppe an der Universität des Saarlandes Los Mutantes existiert bereits seit 1999 und erarbeitet seither alljährlich ein Theaterstück in eigener Regie, einschließlich Konzeption und Gestaltung von Bühnenbild, Kostümen, Maske sowie der technischen Umsetzung. Stets im spanischen Original einstudiert und aufgeführt, versteht sich unser Projekt als Beitrag zur interkulturellen Verständigung und zeugt als Schnittstelle von universitärer Lehre und eigenverantwortlicher Praxis vom kulturellen Engagement seitens der Studierenden.

Bereits die Gründungsmitglieder der Mutantes entsprangen verschiedensten Fachrichtungen und diese interdisziplinäre Besonderheit hat sich seither gehalten. Auch die Grenzen zwischen Studierenden und ,sonstigen‘ Interessierten wurden schnell verwischt und so nehmen sich seither Jahr für Jahr völlig unterschiedliche, und sich zuvor häufig noch unbekannte Menschen, den Auftrag zu Herzen, ihrem Publikum nicht allein ein neues Stück zu präsentieren, sondern ebenso eine lebendige und farbenfrohe Gemeinschaft „auf die Bühne zu bringen“. Die aus mittlerweile circa 12 Ländern dieser Welt zusammen gewürfelte Gruppe, sowie eine gesunde Mischung aus Kreativität und Chaos garantieren engagierte, dynamische Vorstellungen und stellen auf Seiten der Mitglieder eine wichtige gruppendynamische Erfahrung dar.

Die spanische Sprache ist dabei eine wichtige Motivation und Bindestoff der Gruppe. Spanischlernende profitieren intensiv vom Austausch mit Muttersprachlern, während letztere wiederum teils häufiger ins Deutsche wechseln als dies in anderen Kontexten der Fall ist, denn es geht um mehr als allein sich verständlich zu machen, es geht darum sich einander mitzuteilen. Es geht um Herzensangelegenheiten und da springt man leichter über Sprachbarrieren oder seine ganz privaten Hemmungen. Diesem integrativen Element der interkulturellen Bühnenarbeit kommt neben den allgemeinen sozialen und künstlerischen Aspekten, unterm Strich die wahrscheinlich größte Bedeutung zu. Wenn Menschen aus entfernten Teilen der Welt, sich, dank dieser Erfahrung, in Deutschland ein Stück wohler – vielleicht gar ein wenig mehr zuhause – fühlen, und gleichzeitig im deutschen Bühnenpartner das Bewusstsein und die Sensibilität für dieses Gefühl von ,Fremdheit‘ wächst, dann hat es sich gelohnt, selbst wenn am Abend der Text nur halbwegs sitzt…

In der Außendarstellung werden immer wieder neue Versuche unternommen, sich auch für ein Publikum zu öffnen, das der spanischen Sprache nicht mächtig ist. Dies ging über deutsche Zusammenfassungen der Stücke, Worterklärungen besonderen Vokabulars oder gar bis hin zur Anfertigung von Unterrichtsmaterialien, mit deren Hilfe Spanischlehrer ihre Kurse auf den jeweiligen Stückbesuch vorbereiten konnten. In den letzten Produktionen wurde des weiteren zunehmend mit deutscher Übertitelung gearbeitet. Auch hier wird also fleißig experimentiert, wo die Reise hingeht und die Grenzen sind, bestimmt das jeweilige Produktionsteam in Eigenregie.

Wenngleich stets ein enger Kontakt zur Hispanistik der heimatlichen Universität gesucht und gepflegt wurde und wird, ist das Merkmal studentischer Eigeninitiative der Gruppe sehr wichtig. Das nicht abnehmende Interesse seitens der Studierenden, sich in ihrer Freizeit für dieses zeitintensive Projekt zu engagieren, beweist, dass doch nicht immer nur der direkte Leistungsnachweis zählt. Die TeilnehmerInnen suchen und schätzen diese persönlichkeitsbildende Erfahrung; etwas auf eigene Faust zu planen, durchzuführen und vor einem Publikum in einer landesfremden Sprache zu präsentieren, hat einen besonderen Charme. Eine für viele, völlig neue Erfahrung, die oftmals nach einer Wiederholung ruft.

Bereits mit der ersten Produktion – einem Abend an dem 3 spanische Einakter der Autoren Lorca, Ruibal und Casona gegeben wurden – ging die Truppe auf Reise. Ob es daran liegt, dass ,exotische‘ und eher vereinzelt vorkommende Projekte stärker nach „seinesgleichen“ suchen? Jedenfalls wurden diese Gastspiele zur geliebten Tradition, findet doch die Gruppe auf solchen Reisen noch stärker zueinander, ein Effekt, der dem Bühnengeschehen dann zu Gute kommt. So spielten wir über die Jahre bereits in Jena, Potsdam, Heidelberg, Bonn, Trier, Frankfurt, Luxemburg, Nürnberg, in der südandalusischen Stadt Cádiz, und über den Atlantik in den mexikanischen Städten Toluca und Puebla.

Studentische Theatergruppen sind wie alle studentischen Initiativen starken Veränderungen und Fluktuationen ausgesetzt. Diese Gesetzmäßigkeit heißt es mit in Betracht zu ziehen, will man trotzdem über Jahre hinweg etwas gemeinsam aufbauen. Den älteren Mitgliedern von Los Mutantes hat es am Herzen gelegen, ihre im Laufe der vergangenen Jahre gesammelten Erfahrungen weiterzugeben. Neben dem Austausch von Erfahrungen und Kontakten an regelmäßigen Infoabenden, involvieren sich ehemalige Ensemblemitglieder bei der Ausrichtung studentischer Theatertreffen bis hin zur Durchführung internationaler studentischer Theaterfestivals. Diese Veranstaltungen haben zum Ziel, die großenteils unbekannte Vielfalt spanischsprachigen Theaters vorzustellen, als auch den Austausch von Erfahrungen und Freundschaften zu fördern und auf eine breitere Basis zu stellen. Die bisher ungebrochene Spielfreude und die alljährlich wiederkehrenden Produktionen geben Hoffnung, dass dieses Projekt auch in Zukunft seine Freunde findet!

Wie schon unser Namen ‘Los Mutantes‘ (die Mutanten) – gleichzeitig Titel unseres ersten Theaterstücks von José Ruibal – impliziert, bedarf es einer steten Hinterfragung der eigenen Person und Rolle sowie des Mutes zur Veränderung, um die Welt in der wir leben zu verstehen und was darin fremd ist zu akzeptieren.

Zu unseren bisherigen Produktionen zählen:

Bodas de sangre von Federico García Lorca

Una noche triangular – drei spanische Einakter von García Lorca, José Ruibal und Alejandro Casona

Los ladrones somos gente honrada von Enrique Jardiel Poncela

Después de la lluvia von Sergi Belbel

Los Figurantes von José Sanchis Sinisterra

La historia del Lazarillo, ¡el Lázaro! von Aristides Vargas

El Gesticulador von Rudolfo Usigli

No hay que llorar von Roberto Cossa

Morir von Sergi Belbel

Las tremendas Aventuras de la Capitana Gazpacho von Gerardo Mancebo del Castillo

Auto von Ernesto Caballero

Nuestra señora de las nubes von Aristides Vargas

Cuadros de Amor y Humor von Jose Luis Alonso de Santos (2015)

¿Me has Pensado? von Pompeyo d. H. (2016)

Macario von B. Traven (2016)

El Rey del Barrio nach dem gleichnamigen Film vom Jahr 1950 (2017)

El Viaje de los Cantores von Hugo Salcedo (2018)

Prohibido Suicidarse en Primavera von Alejandro Casona (2019)

und unser aktuelles Stück: 

Presas von Ignacio del Moral & Verónica Fernández (2020)